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Cushing

Welche Formen des Cushing-Syndroms (Cushing-Erkrankung, Hyperadrenokortizismus) gibt es?

Ursachen für die erhöhte Menge des produzierten körpereigenen Cortisols können entweder die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) oder die Nebennierenrinden sein. Stellt die Hypophyse als „Steuerungszentrale“ den „Sollwert“ für die zu produzierende Cortisolmenge zu hoch ein, kommt es zu einer Vergrößerung beider Nebennierenrinden, die so viel Cortisol produzieren, wie ihnen möglich ist.

Dieses sogenannte hypophysäre Cushing-Syndrom ist beim Hund mit etwa 90% die häufigste Ursache einer Cushing-Erkrankung und wird meist durch einen (gutartigen) Tumor dieses Organs hervorgerufen. Viel seltener sind die Nebennierenrinden selbst die Ursache – meist infolge eines Tumors einer der beiden Nebennieren, der sich auch der Kontrolle durch die Hypophyse entzieht und so viel Cortisol produziert, wie er kann.

Welche Hautsymptome sind typisch?

Als Konsequenzen der erhöhten Cortisolbildung für die Haut ergeben sich v.a. eine Verlangsamung des Haarwachstums bis zu Haarausfall und kahle Stellen oder insgesamt schütteres Fell, Farbveränderungen (schwarz -> rotbraun, braun -> blond), dünne, faltige Haut, Seborrhöen, Komedonen (`Mitesser`), Verkalkungen, verzögerte Wundheilung, durch die dünne (Bauch-)Haut durchscheinende Blutgefäße, schnelle Bildung von Blutergüssen, Neigung zu bakteriellen Hautentzündungen, Pilzinfektionen, Demodikose, Dekubitus (Druckgeschwüre).

Welche anderen Symptome sind zu erwarten?

Konsequenzen für den Gesamtorganismus sind v.a.
• Muskelabbau, Fettaufbau („Stammfettsucht“)
• Diabetes mellitus („Steroiddiabetes“)
• Osteoporose, Osteomalazie, -> Frakturen, Bänderrisse, Patellaluxation
• verzögerte/schwache Hitze bzw. Hodenatrophie
• Atemprobleme, Hecheln, evtl. Verkalkungen der Lunge, Bronchopneumonie, Thrombosegefahr (Embolien)
• Verhaltensänderungen, neurologische Veränderungen (auch Sehstörungen, Krämpfe)
• Augenveränderungen, auch Hornhautulzera

Wie wird ein Cushing-Syndrom diagnostiziert?

Die Diagnose wird gestellt über die Kombination von Rasse, Alter, Vorbericht, klinisches Bild (symmetrischer Haarverlust „klassisch“, Regel: Kopf und Beine meist nicht betroffen), und spezifische Blut- oder Urinuntersuchungen, evtl. zusätzlich Röntgen, Ultraschall und CT, die den entsprechenden Verdacht bestätigen und gleichzeitig die Ursache (Hypophyse oder Nebennierenrinde) ermitteln.

Warum soll diese Erkrankung so früh wie möglich behandelt werden?

Da Cortisol Einfluß auf jede einzelne Zelle des Körpers hat, betreffen die Auswirkungen einer Cushing-Erkrankung den gesamten Organismus. Jede Cushing-Erkrankung ist potentiell lebensbedrohlich - plötzliche Todesfälle können alleine durch die erhöhte Thrombosegefahr jederzeit auftreten!! Deshalb sollte jeder Cushing-Patient möglichst frühzeitig und konsequent behandelt werden.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Therapie richtet sich nach der Ursache: die chirurgische Entfernung ist bei Nebennierenrindentumoren die Methode der Wahl, wenn auch nicht immer durchführbar, da das veränderte Organ sehr ungünstig in unmittelbarer Nachbarschaft der großen Bauchgefäße (Vena cava und Bauchaorta) liegen und auch mit diesen verwachsen sein kann.

Die chirurgische Entfernung eines Hypophysentumors ist meist problematisch. Oft sind derartige Tumore beim Hund nur stecknadelkopfgroß, und die Hypophyse liegt im Bereich der Schädelbasis und ist chirurgisch schwer zugänglich.

Die Entfernung der gesamten Hypophyse oder deren Bestrahlung werden an speziellen Kliniken gelegentlich durchgeführt.

Gebräuchlicher ist aber die medikamentelle Therapie, die entweder darauf abzielt, die cortisolproduzierenden Zellen der Nebennierenrinden medikamentell zu zerstören oder die Produktion von Cortisol über eine Hemmung eines speziellen, hierzu erforderlichen Enzyms zu blockieren.

Beides ändert nichts daran, dass der Hypophysentumor weiterhin bestehen bleibt und unverändert einen erhöhten Sollwert für Cortisol vorgibt, doch ist die Produktion der `angeforderten` Menge nicht mehr möglich. Die „klassische“ Therapie - die Zerstörung der cortisolproduzierenden Nebennierenzellen – wird mit o,p-DDD (Lysodren) in Tablettenform durchgeführt.

Seit wenigen Jahren wird zunehmend häufiger die deutlich nebenwirkungs- und risikoärmere und oft erfolgreichere Therapie mit Trilostane eingesetzt. Diese Substanz hemmt ein Enzym, das der Körper zur Cortisolherstellung benötigt, so dass deutlich weniger Cortisol produziert wird.

Jede Behandlung eines Cushing-Patienten bedarf regelmäßiger Kontrollen der Menge des noch produzierten Cortisols sowie einer sorgfältigen Überwachung: Sinkt der Cortisolspiegel zu plötzlich und zu stark ab, kann als Nebenwirkung eine sogenannte Addisonkrise auftreten, bei der es u.a. zu Herzrhythmusstörungen und – falls nicht rechtzeitig erkannt und entsprechend behandelt – es zum Tod des Patienten kommt.

Alle genannten medikamentellen Therapien eines hypophysären Cushing-Syndroms sind Dauertherapien, da der eigentliche Tumor nicht beeinflusst wird, sondern nur seine Folgen.

Was ist ein iatrogenes Cushing-Syndrom?

Beim iatrogenen Cushing-Syndrom zeigt der Körper die Reaktionen wie oben beschrieben (`spontanes` Cushing-Syndrom), produziert aber selbst keine erhöhten Mengen an Cortisol, sondern reagiert auf ein Zuviel an von außen zugeführtem Cortisol (in Form von Spritzen, Tabletten, Salben etc.).

Die sogenannte Cortisontoleranz, d.h. die Menge, die ein Organismus verträgt, ohne solche Nebenwirkungen zu zeigen, ist individuell extrem unterschiedlich: Manche Tiere vertragen problemlos Cortisongaben über Jahre, ohne derartige Auswirkungen zu zeigen, andere reagieren bereits nach einmaliger Cortisongaben mit klinischen Symptomen.

Da der Organismus selbst weniger oder gar kein Cortisol mehr selbst produziert, wenn es ständig von außen zugeführt wird, bilden sich im Laufe der Zeit die Nebennierenrinden zurück und produzieren praktisch kein Cortisol mehr. In solchen Fällen darf eine Cortisolverabreichung nicht abrupt beendet werden, sondern muss schrittweise reduziert und `ausgeschlichen` werden, damit es nicht zu der gefürchteten Addison-Krise kommt.

Stand 30.01.2008
Copyright © Tierklinik Birkenfeld

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Tierklinik Birkenfeld Dr.Dr.h.c. Koch